Über das Wo und Wie: Auswärts Essen und Trinken in der Toskana
Wenigen Dingen in seinem Leben schenkt der Toskanese mehr Beachtung als dem Essen und Trinken. Kein Wunder, dass die toskanische Küche weltberühmt ist. Auch die französische Küche kann historisch auf die Toskana zurückgeführt werden. Dafür sind die Italiener generell bereit, relativ viel Geld für Restaurantbesuche auszugeben, dafür muss es nicht das neueste Auto in kurzen Zeitabständen sein. Das Alter der parkenden Autos vor einem Restaurant sagt nichts über die Esskultur der Gäste aus.
Italiener gehen zum Essen gerne aus, nicht nur wegen einer guten Restaurantküche, sondern auch um unter Menschen zu sein, sich zu unterhalten und alles Menschliche der Umgebung in Erfahrung zu bringen. Essen und Trinken in der Toskana ist also neben dem sinnlichen Genuss ein gesellschaftliches Ereignis. Speziell das Abendessen (ital. „cena“) beginnt abends ziemlich spät (nach 19.30 h) und dauert bis tief in die Nacht. Die Kinder freuen sich, dass sie um die Tische herum Fangen spielen dürfen, der Fernseher läuft ohne dass jemand zuschaut und um sich herum sieht der Gast fröhliche Gesichter. In Intervallen wird das Essen aufgetischt, „Gänge“ zu zählen macht keinen Sinn, es sind immer einige Vorspeisen und einige Hauptgerichte mit den jeweils passenden Weinen und schließlich Käse, Kuchen, Desserts und Obst zusammen mit einer Runde Edelgrappa zum Abschluss. Da der Toskanese sich viel Zeit beim Essen nimmt und dabei die Unterhaltung in fröhlicher Runde ebenso wichtig wie Essen und Trinken ist, sieht man in den Lokalen nur heitere Gäste, aber so gut wie nie auffällig Alkoholisierte. Obwohl mittlerweile in ganz Italien ein 0-Promille-Alkohol-Gebot für Autofahrer gilt, sind in den abendlichen Ess- und Trinkgewohnheiten keine Änderungen feststellbar. Auch mit dem Rauchen gibt es im Süden keine Probleme, da sich vornehmlich im Sommer das Leben ohnehin im Freien abspielt und so ziemlich jedes Lokal auch Plätze im Freien, und sei es am Gehsteig, anbietet.
Die Rechnung, Coperto und das Trinkgeld
Für Deutsche ist es bisweilen unverständlich, dass sich die Wirte der Toskana beim Abrechnen schwer tun, Speisen und Getränke pro Person aufzuteilen. Toskanesen bezahlen in den Gaststätten oft per Tisch, d.h. einer der Tischrunde wird schon im Vorfeld zu Zahlung der Zeche bestimmt. Mit dieser Person rechnet der Wirt ab und zuhause wird später die Rechnung aufgeteilt. In vielen Gaststätten wird zum Essen noch ein „Coperto“ berechnet, dabei handelt es sich um einen Aufpreis für das Gedeck (Besteck, Geschirr, Servietten). Dies ist meistens so üblich und auch keine „Abzocke“. Über das Trinkgeld gehen die Meinungen auseinander. Auch wenn einige meinen, mit dem „Coperto“ sei das Trinkgeld bereits abgedeckt, sagen andere, dass durchaus ein zusätzliches Trinkgeld gegeben werden kann. Hierbei reichen 1-2 Euro aus. Eine generelle Aussage zum Trinkgeld hängt ohnehin von der Art der Restauration und vielen anderen Faktoren (Touristengegend, netter Small Talk mit dem Koch, Umgang der Bedienung mit den Kindern, extra Wassernapf für den Hund, usw.) ab. Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass etwa 10% des Rechungsbetrags ausreichen. Auch sollte man es der Bedienung mitteilen, wenn das Essen gut war und dabei den Koch loben. Waren Essen und Betreuung wirklich exzellent, und man signalisiert dies auch, so verunsichert es die Bedienung nicht, wenn man ausnahmsweise deutlich mehr Trinkgeld gibt (eigene Erfahrung). Bei einem guten Essen sollte man jedenfalls nicht auf das Trinkgeld verzichten, kein Trinkgeld bringt zum Ausdruck, dass das Essen nicht geschmeckt hat. Ist man sich unsicher, kann man durchaus „deutsche“ Maßstäbe beim Trinkgeld ansetzen (zumindest in der Toskana). Die Einwohner der Toskana schätzen Touristen sehr, sind ausgesucht liebenswert und gastfreundlich, wohl wissend, dass jeder Gast aus einem fremden Land zum hohen Niveau des allgemeinen Wohlstands beiträgt.
Die Kaffeebar („Bar“)
Das einfachste und verbreitetste Lokal ist die Kaffeebar oder nur „Bar“ genannt. Da muss man sich erst mal dran gewöhnen, dass man sich in der Bar vorwiegend am hellen Tage trifft um Kaffee und kleine snacks zu sich zu nehmen. Hier trinkt der Toskanese seinen Espresso morgens bis etwa zur Mittagszeit; Cappuccino hat mittlerweile den Milchkaffee (ein Teil Espresso und zwei Teile Milch) als Frühstücksgetränk abgelöst. Da der italienische Kaffee anders geröstet wird als der deutsche, ist er tatsächlich wesentlich bekömmlicher. Übrigens: Es kann sein, falls Sie einen Cappuccino zum Essen bestellen, Sie dem Wirt damit signalisieren, dass Sie noch nicht satt sind. Die Bar ist ganz allgemein der Treffpunkt der Umgebung, hier geht man immer mal kurz rein um einen Espresso zu trinken, einen Blick in die Zeitung zu werfen, evt. zu frühstücken und einen kleinen Tratsch zu halten. Trinkgeld ist in der Bar nicht üblich, vielfach steht aber ein Münzgefäß an der Theke und wartet darauf, gefüttert zu werden. Das italienische Frühstück besteht aus Hörnchen oder Kuchen, evt. mit Honig oder Marmelade. Wurst und Käse wird vorwiegend den Deutschen zuliebe aufgetischt. Für einen solchen Morgen-Snack ist die Bar perfekt geeignet. Manche Bars bieten um die Mittagszeit „Piatti caldi“ an, also kleine, warme Gerichte, meistens das, was man sonst als Vorspeisen isst.
Mittagessen in der Toskana
Der Mittagstisch ist mittlerweile stark von den Fast food Ketten beeinflusst. Nicht, dass es überall Hamburger gäbe, davon hält der Italiener nicht viel. Aber es gibt viele Lokale, die mittags ein Essen für Berufstätige anbieten („Pranzi di Lavoro“ oder „menu prezzo fissato“), das ist ein Tagesmenü, das immer noch (und hoffentlich noch lange!) aus dem klassischen Dreiklang des Essens besteht: Vorspeise (Pasta in unterschiedlichen Variationen) Hauptgericht (im allgemeinen ein Schnitzel oder Bratenstück mit Gemüse) und dem Dessert. Dazu wird pro Person ½ l Wein gereicht und anschließend ein Espresso. Der Preis für dieses auskömmliche und komplette Menü liegt bei etwa 10 €. Für Touristen, die viel in der Gegend umherfahren um möglichst viel zu sehen und zu erleben, ist es ratsam, sich in der Mittagszeit nach Lokalen umzusehen, die ein „Menu prezzo fissato“ oder „Pranzo di lavoro“ anbieten.
Abendessen in der Toskana
Das Abendessen ist dann, wie schon gesagt, ein gesellschaftliches Ereignis. Es gibt unterschiedliche Kategorien von Lokalen, insbesondere in der Toskana und dort in den ländlichen Regionen ist allen gleich, dass das Essen typisch für die Gegend ist und sogar der einfache Hauswein perfekt zum Essen passt. Natürlich besteht auch das „Cena“ aus dem klassischen Dreiklang: Primo, Secondo, Dessert, aber je nach Kategorie des Lokals und den Wünschen des Gastes gibt es noch eine durchaus reichhaltige Vor-Vorspeise (Antipasti), bei Wunsch auch Suppe und durchaus zwei verschiedene Hauptspeisen (Fisch und Fleisch) Beim Dessert wird die Auswahl noch größer, von Eisgerichten über Torten, Obst und Pudding zusammen mit allen Arten von Bränden und, wie so oft im Laufe des Tages: Espresso, allerdings jetzt „corretto“, also mit einem Schuss Grappa. Das stört die spätere, selige Nachtruhe nicht im Geringsten.
Die Kategorien der Lokale überschneiden sich, das Beste ist, sich vor dem Besuch eines Lokals durch die aushängende Speisekarte über die Preise zu informieren. Selbst in einfachen Lokalen kann die Rechnung nach deutschen Vorstellungen hoch ausfallen, wenn die unterschiedlichen Angebote ausprobiert werden. Aber, was ist ein Urlaub in der Toskana, wenn man nicht auch die Genüsse der unterschiedlichen Tafeln ausprobiert. Und es ist zu beachten, dass in fast allen Speiselokalen ein „coperto“ pro Person berechnet wird, das ist ganz einfach der Preis für den gedeckten, dekorierten Tisch, meistens mit Stoffservietten.
Die Pizzeria
Wem nicht nach vielfältiger Speisefolge zumute ist, geht ganz einfach in die Pizzeria. In der Regel öffnet die Pizzeria erst am Abend, es gibt Pizza aus dem Holzofen, das schmeckt den Pizzafreunden immer lecker. Pizza ist sozusagen ein Ausnahmeessen, da bleibt der „Dreiklang“ auf der Strecke, man bestellt Pizza bestenfalls mit Salat und einem Nachtisch und natürlich zusammen mit dem Hauswein („Vino della casa“). Für Familien ist es eine preiswerte Art, den Abend in italienischem Ambiente zu genießen, denn auch in der Toskana geht vor allem die Jugend gerne in die Pizzeria. Es muss nicht jeden Abend üppig sein.
Ristorante-Pizzeria
Ristorante–Pizzeria ist die Mischung zwischen einem Restaurant und einer Pizzeria mit einer entsprechend reichhaltigen Speisekarte. Das ist ein gern besuchtes Lokal der italienischen Familie, die Kinder essen ihre Pizza und die Eltern bestellen die übliche Speisenfolge. Die Preise sind moderat, familienfreundlich und es geht recht ungezwungen und sowieso fröhlich zu. Eher nicht geeignet für Menschen, die beim Essen auf eine ruhige Umgebung Wert legen. Besonders an den touristischen Meeresorten und den vielbesuchten Touristenattraktionen der Toskana finden Sie häufig dieses „Ristorante – Pizzeria“.
Trattoria
Trattoria ist ein Lokal mit regionaler Prägung, familiengeführt, oftmals als Spezialitätenlokal, z. B. Fisch- oder Grillgerichte. Auch hier sind die Preise durchaus erschwinglich aber doch schon mit einer deutlichen Tendenz nach oben, je nach der jeweiligen Besonderheit. Dafür werden Sie hier mit vorzüglichen Speisen verwöhnt. In mancher Trattoria gibt es keine Tageskarte, der Koch stellt für Sie das Gericht nach seinen Vorschlägen zusammen. Auch wenn Sie kaum etwas verstehen, was Ihnen da angeboten wird, werden Sie weder verhungern noch irgendetwas Ungenießbares bekommen, wenn Sie sich einfach den Empfehlungen des Lokals anvertrauen. In diesen Lokalen finden Sie die toskanische Küche in ihrer typischen Ausprägung.
Ristorante
Das Ristorante ist dann eher das gehobene Speiselokal mit breiter Speisekarte und ausgesuchten Weinen. Gehen Sie dort hin, wenn Sie wirklich gut essen möchten und seien Sie bereit, den Preis hierfür zu bezahlen. Dafür werden Sie wirklich verwöhnt, die Bedienung ist aufmerksam, das Ambiente ist gepflegt und ruhig und sie lernen zu verstehen, warum man ein Abendessen nicht schnell in einer Stunde herunter schlingen kann. Wahrscheinlich wird Sie nach dem Essen der Wirt am Tisch besuchen, sich nach Ihrer Herkunft erkundigen und Ihnen das Gefühl geben, dass Sie einen Freund gefunden haben. Und wenn Sie den Aufenthalt nach Ihrer hochwallenden Gefühlsstimmung bewerten, dann war der Abend tatsächlich preiswert, weil mit unbezahlbaren Eindrücken und Empfindungen durchsetzt.
Osteria
Eine besondere Stellung nimmt die Osteria ein. Früher waren das einfache Herbergen oder die Gaststätte des Ortes. Hier war der Treffpunkt vor allem des einfachen Volkes, wo gegessen und getrunken wurde. Üblicherweise kochte jemand in der Küche einfache Gerichte, oftmals in großen Behältern, und zu diesen Volksgerichten wurde auch reichlich getrunken. So war die Osteria nicht selten das, was in unserem Sprachgebrauch die durchaus liebenswürdige Kneipe ist, eben die Wirtschaft an der Ecke, am Hafen, an großen Durchgangsstraße nicht nur für die Anwohner sondern auch für das fahrende und reisende Volk. In den Fällen, in denen sich die preiswerte und durchaus wohlschmeckende Qualität der Küche herumgesprochen hat, wurde die Osteria vielfach auch von einem gehobenen Publikum besucht, einfach der preiswerten Essensqualität wegen. Da spielte es keine Rolle, dass die Teller auf einem ungedeckten Holztisch ohne Servietten serviert wurden. Heute kann die Osteria nicht mehr eindeutig klassifiziert werden. In urtümlichen Gegenden kann es immer noch die rustikale Dorfwirtschaft sein, aber nicht selten finden Sie als Osteria bezeichnet ein Spezialitätenlokal mit hochdekorierten Köchen und einer entsprechend hochqualifizierten Zubereitung der Gerichte. Sie sollten also auf jeden Fall vor dem Betreten der Osteria auf die Preise im Aushang vor dem Lokal sehen.
Küche für Hausgäste
Als Besonderheit für den Feriengast in der Toskana bleibt auch die Möglichkeit, sich in ein Haus einzumieten, in dem die Familie der Eigentümer für den Gast toskanisch kocht. In der Regel kostet ein derartig für die Hausgäste zubereitetes Menü zwischen 20 und 30 € pro Person und beinhaltet alles, was man sich so unter toskanisch vorstellt, also mehrere Speisefolgen, Getränke und Nachtische. Dazu die familiäre Umgebung, das aufrichtige Bemühen, Sie in die Kochgeheimnisse der toskanischen Küche einzuführen und ganz bestimmt ein unvergesslicher Abend. Bei unserem Sponsor-Partner www.traumtoskana.com können Sie sich speziell nach Unterkünften mit toskanischer Küche erkundigen oder auch nach Weingütern mit Verkostungen, die neben den Weinen des Gutes eine reichhaltige kalte Platte beinhalten und oftmals kostenlos den Gästen angeboten werden.
Essen auf dem Dorffest (Sagra)
Wenn Sie speziell in den ländlichen Regionen der Toskana Ihren Urlaub verbringen, dann halten Sie Ausschau nach Plakaten mit der Aufschrift „Sagra di …….“. Hierbei handelt es sich um die Ankündigung eines Dorffestes, meistens zu Ehren eines oder einer Heiligen oder aber im Rahmen des Erntedankes. In großen Pfannen und Töpfen werden Spezialitäten der Umgebung, also z. B. Esskastanien, Pilze, Artischocken oder auch delikate Zubereitungen aus dem regionalen Obst- und Gemüseanbau zubereitet. Das kochen die Dorfbewohner nach überlieferten Hausrezepten. Der gute Wein aus der Gegend dazu versteht sich von selbst. Abends spielt dann die Dorfmusik, es kann getanzt werden und Sie haben die Gelegenheit, Toskanesen beim Feiern zu erleben. Das Essen wird häufig in Plastiktellern bei Selbstbedienung serviert, Ihren Gaumen sollte das nicht stören. Das südländische Temperament, die Fröhlichkeit und ansteckende Heiterkeit bekommen Sie gratis oben drauf. Bestimmt kommen Sie gerne wieder im kommenden Jahr zum Feiern, Essen und Trinken in der Toskana.
Letzte Aktualisierung: 19.05.2020